Gamma Knife – 2. Versuch

Ihr wisst ja bereits, dass ich letzte Nacht wenig geschlafen habe und auch schon recht zeitig für meine Behandlung bereit war. Um 7:30 sollte ich abgeholt werden und jetzt war es gerade mal 7:00. Ich versperrte meine Wertsachen in meinem Schrank und gab den Schlüssel im Pflegerzimmer ab.

Um 7:30 wurde als Erster von uns dreien der Fritz abgeholt und 15 Minuten später, als wieder ein Träger den Raum betrat, dachte ich, dass ich nun an der Reihe wäre. Doch der junge Mann nahm Wolfgang samt seinem Bett mit. Nun war ich allein, ich, mein Bett und ein leerer Raum – kein Handy, kein iPad, keine Zeitung und keine Unterhaltung.

Es sollte dieser Zustand bis 8:45 andauern und in dieser Zeit verschlechterte sich mein Gemütszustand. Gerade war ich noch immer tiefenentspannt, baute sich jetzt, durch das ewige Warten und Auf- und Ablaufen im Zimmer, ein etwas angespannter Zustand auf.

Um 8:45 jedoch wurde auch ich abgeholt. Der Träger, superfreundlich, stellte sich bei mir vor, erklärte mir genau in welcher Reihenfolge wir nun wohin fahren und was ich mitnehmen sollte. Wieder so ein angenehmes Erlebnis und meine Anspannung war im Nu weg.

„Jetzt also kam der unangenehme Teil.“

Als erstes ging es zum GammaKnife, wo mir meine „Maske“ am Kopf angebracht wurde. Noch immer verspürte ich keine Anspannung, was mich wirklich verwunderte. Und als das Operationsteam samt einem Praktikanten ins Zimmer kamen, wurde ich noch lockerer. Die waren alle unglaublich toll, besonders Schwester Gabi verwickelte mich sofort in ein Gespräch.

Zu keiner Zeit sagte irgendjemand zu mir sowas wie: „Das tut eh nicht weh.“ oder „Das halten Sie schon aus.“. Im Detail wurde ich noch aufgeklärt, über jeden Schritt informiert und immer gab es beruhigende Worte. Ich wusste ja schon, dass das Unangenehme die lokale Anästhesie ist und als die Ärztin mit der ersten Spritze vor mir stand, presste ich die Fingernägel meiner Daumen fest in die Zeigefinger, um mich von den Schmerzen abzulenken.

Stieg die Aufregung? Nein, dafür hatte ich ja einen kleinen „Drogencocktail“ erhalten, der auch sofort seine Wirkung zeigte.

Also, rein mit der ersten Nadel und dem Serum. Tat es weh? Ja, tat es. Aber das alles passierte so behutsam und gezielt, dass es nicht halb so weh tat, wie ich erwartet hatte. Und der mit positiver Stimmung gefüllte Raum nahm mir auch noch den letzten kleinen Rest von Angst.

Die Ärztin war phänomenal. Unglaublich gut gelaunt und mit einer angenehmen Ruhe fuhr sie mit den Vorbereitungen fort. Jetzt wurde der Rahmen an meinem Kopf angeschraubt und wie man mir im Vorhinein bereits gesagt hatte, spürte man davon gar nichts mehr. Lediglich ein Druck war zu spüren, als wenn jemand mit den Händen meinen Kopf ganz fest zusammenpresst.

So richtig eingeschraubt wird das auch nicht, es sind eher Spitzen, die sich durch die Haut in den Schädelknochen bohren – ich denke, nicht weiter als ein paar Millimeter – körnen nennt man das in der Fachsprache wohl. Permanent wurde ich gefragt, ob es irgendwo weh tun würde. Bei der linken hinteren „Schraube“ spürte ich einen klitzekleinen Schmerz, aber ich sagte, dieser wäre nicht erwähnenswert.

„Dann spritzen wir nach“, sagte die Ärztin, „denn Sie werden den Rahmen ein paar Stunden tragen.“ Die Spritze spürte ich schon gar nicht mehr und das Ganze war in gefühlten 30 Minuten erledigt. Mit viel Spaß und wenig Schmerzen.

Jetzt ging es ab zum MRT, um aktuelle Bilder zu machen. Mit einem anderen Träger – obwohl die nur Betten oder Rollstühle schieben, heißen die so, jemanden tragen, hab ich noch keinen gesehen. Also mit einem anderen Träger, der jedoch genauso freundlich war wie der erste – das war echt sehr überraschend für mich.

Jetzt lag ich da vor dem MRT-Raum und musste noch ein wenig warten. Auf einmal stand meine Freundin vor mir, die in der Neuro-Radiologie arbeitet. Was für eine schöne Überraschung. Wir plauderten, wie es mir denn so geht, fachsimpelten über das Gestell auf meinem Kopf, denn sie hatte auch schon mal eine ähnliche Situation und weil wir noch ein bisschen Zeit hatten, machte sie diese schönen Bilder von mir.

Das MRT verlief nicht viel anders, als jene, die ich schon kannte. Die Position des Liegens war ein wenig anders, da ich ja dieses Gestell am Kopf hatte, aber sonst alles wie gehabt und nach 20 Minuten war das auch schon alles wieder vorbei.

Jetzt hatte ich ein wenig Pause und ich wurde zurückgebracht in mein Zimmer. Ich denke, es war die Zeit, in der die Ärztin meine Operation plante. Ich hingegen machte die ersten Erfahrungen mit meiner etwas anderen Situation. Ich nahm einen Schluck Wasser oder besser gesagt, ich wollte einen nehmen, denn der Rahmen verhinderte, dass ich das auf die gewohnte Art und Weise machen konnte.

Bevor ich mich also vollkommen mit Wasser ansauen würde, ging ich zur Schwester und bat um einen Strohhalm. Ihr könnt der Erzählung entnehmen, dass ich mich sonst ganz und gar nicht eingeschränkt fühlte. Die Schwester bat mich jedoch nicht zu viel herumzulaufen, da ich im Falle eines Sturzes … gut, weiter brauchte sie nicht sprechen, ich verstand das auch so.

So setzte ich mich aufs Bett und wartete bis man mich wieder abholte. Die Zeit nutzte ich, um ein paar Fotos und Videos zu machen – immerhin bekommt man ja nicht jeden Tag eine derartig schöne Verkleidung.

Ist euch das aufgefallen. Heute ist Halloween – wie passend ist das denn.

Das Filmen und Fotografieren vertrieb mir ganz gut die Zeit und plötzlich stand auch schon ein neuer Träger vor mir, um mich abzuholen. Ich bräuchte es gar nicht erwähnen, ebenso freundlich wie seine beiden Kollegen.

Jetzt kamen wir zum eigentlichen Teil der Behandlung – zur Bestrahlung. Der Apparat hat Ähnlichkeit mit einem CT oder MRT – eine Röhre, in die man hineingeschoben wird. Zuvor jedoch wird man mit dem Rahmen an der Liege fixiert, so dass es während der Bestrahlung zu keinerlei Bewegung des Schädels kommen kann – immerhin sollte man an dieser Stelle, wo mein Cavernom liegt, nicht danebenschießen – wenn ich das mal so umschreiben darf.

Das Fixieren dauerte dann schon ein wenig, damit der Patient nicht nur in der richtigen Position, sondern zudem auch noch angenehm liegt. Angst? Überhaupt keine. Eine kleine Aufklärung über den Notknopf noch und dann ging es auch schon los.

Die Türe des Raums ging langsam und automatisch zu, gerade so, als würden die Versorgungsbrücken einer Rakete zur Seite geschwenkt. Der Apparat öffnet sich und man fährt langsam in die Röhre. Es fühlt sich an wie ein Countdown, fest fixiert in der Raumkapsel wartet man nun auf den Start, der mit über 6G deinen Körper in den Sitz presst.

3 – 2 – 1 – 0 … die Spannung steigt, ein leises Summen beginnt und es scheint, als würde man ein ganz leichtes Vibrieren wahrnehmen. Und dann … das war es dann auch schon. Mehr an Action ist nicht zu erwarten, denn ganz im Gegenteil zum MRT, funktioniert das GammaKnife nahezu geräuschlos.

Wie man mir vorher mitteilte, würde meine Behandlung nur etwa 15 Minuten dauern. Das machte mich glücklich, da hatten wir auch schon mal von 40 bis 50 Minuten gesprochen. Also 15 Minuten und diese konnte ich wahrlich sehr entspannt genießen. Ich verspürte, weiß allerdings nicht ob das nur Einbildung war, eine Wärme in meinem Kopf.

Plötzlich verstummte das Summen, die Tür ging auf und das Team betrat mit den Worten „das war es dann auch schon“ den Raum. Alles gut gegangen, so wie es scheint.

Man befreite mich vom Rahmen, legte mir einen Verband über die Wunden von den Schrauben und ich war eigentlich schon fertig. Das war um 12:45.

Ich war glücklich, sehr, sehr glücklich, dass das alles so ruhig über die Bühne ging, dass ich so ein nettes Team und eine dermaßen persönliche Betreuung erleben durfte.

Der Tag ist zwar noch nicht zu Ende, aber der Beitrag schon sehr lange, deswegen entscheide ich mich mal schnell, den Rest des Tages in einem oder sogar zwei weiteren Beiträgen niederzuschreiben. Ihr solltet diese wirklich lesen, denn ich schreibe darüber, warum ich, obwohl ich hätte um 14:45 entlassen werden sollen, noch bis nach dem Abendessen geblieben bin.

Und wenn es euch interessiert, was geschah, als Schwester Gabi mir noch eine Spritze gab und das mit den Worten begleitete: „Das könnte jetzt an einer Stelle brennen, wo Sie es nicht erwarten“, solltet ihr weiterlesen.

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