Zum ersten mal geweint

Dieser Beitrag meines Blogs liegt mir besonders man Herzen, da das oft vergessen wird. Ihr könnt ihn gerne teilen – es ist eine Botschaft an alle Menschen.

Wie schon geschrieben, hatte ich gestern Besuch von meiner Freundin. Nach der Arbeit lief sie schnell zum Supermarkt, holte noch ein paar leckere Sachen für mich und machte sich dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg zu mir. Mit dem eigenen Auto zu fahren, wäre nicht vernünftig gewesen, da in diesem Fall, zu der ohnehin schon langen Anreise, noch das ewige Parkplatzsuchen dazugekommen wäre.

Knapp eineinhalb Stunden nach Büroschluss war Helga dann auch schon beim mir. Nachdem wir alle Mitbringsel gut verstaut hatten, setzte sie sich zu mir aufs Bett und schaute mich zunächst einmal lange an. Erst dachte ich, sie wusste nicht was sie zuerst fragen sollte, doch schnell erkannte ich, dass dieses Schweigen ein tiefes Durchatmen war. 

Ich unterbrach die Stille mit irgendeiner Floskel wie: „So, da sind wir jetzt – das hätten wir uns auch anders vorgestellt.“ Ich versuchte das mit einem charmanten Lächeln zu sagen, um die leicht depressive Stimmung zu zerschlagen. Bald fanden wir auch in ein Gespräch. Es handelte davon, was die Ärzte bei der Visite so sagen, wie die Betreuung hier ist – die wirklich sehr nett war auf dieser Station – und vor allem, wie es mir so geht.

Bald darauf redeten wir auch über andere Sachen. Über die Firma – da wir ja in derselben arbeiten, über die Kollegen, über Familie, über Freunde und dann doch wieder über meine Erkrankung. Ich sah das Ganze zum ersten Mal aus der Situation des Patienten, denn bisher war ich stets nur der Besucher im Krankenhaus. Aber ich konnte es gut nachvollziehen, wie sich meine Freundin da am Bettrand fühlen musste. Es machte mich irgendwie traurig. Wir überschritten die Besuchszeit um eine Stunde, was aber für das Personal ganz in Ordnung war. Dann verabschiedete sich Helga von mir und trat ihre lange Heimreise an. Allein!

Dieser Gedanke holte mich dann auch recht schnell ein. Ich stellte mir vor, wie sie nun allein in der U-Bahn saß, um in eine leere Wohnung zu fahren – immer auch mit den Gedanken an den Menschen, der eigentlich an ihrer Seite sein sollte. Es brach mir das Herz. Ich drehte mich in meinen Polster und weinte das erste Mal über diese ganze Situation. Ich weinte nicht, weil es mir so schlecht ging – ich weinte, weil ich das Gefühl hatte, Helga den gleichen, wenn nicht noch einen größeren Schmerz, zuzufügen.

Ich richte mich nun an alle Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind wie ich. Ja, wir haben eine schwere Last zu tragen, aber bitte vergesst nie, nie, niemals: Die Menschen in unserem Umfeld leiden nicht nur mit uns, sondern vor allem auch selbst wegen dieser Situation. Sie haben Angst, sie sind womöglich alleine und auch ihr Leben wird sich in Zukunft ändern. Macht es euch zur Aufgabe, die Menschen, die euch in dieser unangenehmen und schweren Zeit beistehen, nicht zusätzlich zu belasten. Bitte!

Und für dich liebe Helga: „Ich liebe dich über alles und ich danke dir so, so sehr, dass du mich liebst und für mich da bist! Wir werden wieder Zeiten erleben, wie auf dem Foto und ich freue mich schon wahnsinnig darauf.“