Heute habe ich begonnen, meinen Blog zu schreiben. Erst dachte ich, ich muss das machen, denn ich will nicht all meinen Freunden immer wieder von vorne erzählen, was mir passiert ist. Mit der Zeit habe ich allerdings erkannt, dass mir dieser Blog unglaublich hilft. Aber mal von Anfang an.
Als ich noch im Spital war und täglich Besuch von lieben Menschen bekam, war es ganz logisch, dass es kein anderes Thema gab als meine Erkrankung. Es war ja auch alles neu und ungewohnt und ungewiss – jeden Tag erhielt ich neue Informationen und es gab immer etwas Spannendes zu erzählen. Und es war wichtig für mich, es zu erzählen. Es war ein bisschen wie eine Reflektion auf diese Ideen.
Nun liegt es in meiner Natur als Storyteller, mit der Zeit die Geschichten auch gut zu verpacken und ihnen die entsprechende Dramaturgie zu verpassen, um die Zuhörer eben nicht zu langweilen. Dadurch blieben auch mir die Ereignisse viel besser in Erinnerung. Nach und nach wurde es mir jedoch zu anstrengend. Ich erzählte ein und dieselbe Geschichte mehrmals am Tag, schrieb das Erzählte dann auch noch in vier WhatsApp-Gruppen und gab auch fleißig Auskunft zu all den Fragen, die ich per Mail oder Facebook-Messenger erhielt.
„Ich kann nicht mehr“
Das ermüdete mich zunehmendst und ich hatte etwas Angst davor, das Krankenhaus zu verlassen und wieder Freunde zu treffen. Ich müsste die Geschichte immer wieder von vorne erzählen und das würde mich daran hindern nach vorne zu sehen. Und jetzt erzähle ich euch, warum ich das weiß.
Ein sehr wichtiger Mensch in meinem Leben, ein sehr lieber und lebensfroher Mensch, leidet schon lange an Depressionen – sehr lange und es sind sehr schwere Depressionen. Es ist egal, wie es dazu gekommen ist – darum geht es in dieser Anekdote nicht. Dieser Mensch war oft – anfänglich permanent – auf sich alleine gestellt und hat alles probiert, um diesem Sumpf zu entkommen. Verschweigen, verdrängen, akzeptieren und reden. Jede Phase hatte scheinbar seine Vorteile, aber jede Phase kostete auch Kraft – viel Kraft.
Von außen betrachtet, konnte ich feststellen, dass das Reden die beste Wirkung erzielte. Man redet es sich von der Seele, sagt man doch und das hat auch seine Berechtigung. Doch eines Tages sagte mir dieser Mensch: „Alex, ich kann nicht mehr. Ich möchte es nicht immer und immer wieder von vorne erzählen.“ Das dauernde Erzählen machte die Krankheit letztendlich schlimmer, denn sie nahm dieser Person all die Kraft, die sie zum Kämpfen benötigt … ich kann dich sehr gut verstehen, Mama, und ich hab dich lieb!
Davor wollte ich mich schützen, denn irgendwie habe ich das Gefühl, wenn du etwas immer und immer wieder von vorne erzählst, macht dich das nur mehr und mehr krank.
„Das alles tut mir sehr gut“
Erzählen ist gut. Aber es muss auch Entwicklungen geben. Im besten Fall positive Entwicklungen. Dies hier ist so eine positive Entwicklung. Ich will es mir von der Seele reden und ich will, dass die Menschen wissen, dass das eine ernste Geschichte ist, aber ich will auch möglichst schnell gesund werden und davon berichten. Also habe ich mich entschlossen diesen Blog zu schreiben und auch die zugehörige Facebook-Seite.
Und so schreibe ich alle wichtigen Meilensteine meiner Erkrankung in diesem Blog nieder – ich hoffe in teils unterhaltsamen oder bewegenden Beiträgen. Das gibt mir auch ganz viel Möglichkeit über meine Situation nachzudenken und diese besser zu verstehen. Mal abgesehen von den Doppelbildern ist mein Leben dadurch fast wieder ganz normal geworden – lediglich eine Aufgabe ist dazugekommen. Gesund zu werden.
Wenn ihr mich trefft reden wir gerne über die Erkrankung – ihr seid ja gut vorinformiert und ich muss nicht immer wieder alles neu durchleben.
Und liebe Mama, schön dass es dir im Moment seelisch ein bisschen besser geht und bitte kämpfe weiter.